Arbeiten in Coronazeiten – Gabriele Gerner von der Textagentur Wortschatz berichtet über ihren Alltag

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Ich bin freie Journalistin und freie Rednerin. Als Lokaljournalistin habe ich in der Corona-Zeit gut zu tun und bin gebucht, wie vorher auch, zum Teil auch häufiger. Es ist sehr interessant, diese besondere Zeit journalistisch begleiten zu dürfen, aber natürlich oft auch sehr kräftezehrend, da ich wie so viele im Homeoffice arbeite mit den Kindern unter einem Dach. Meine Kinder sind 12 und 15 Jahre alt, da geht es noch, aber auch sie müssen bekocht und an Hausaufgaben und Müll wegräumen und die Mithilfe im Haushalt erinnert werden. Da zieht sich mein Mann – obwohl er kurzarbeitbedingt sechs Wochen zu Hause war – gern zurück. Insofern finde ich, Corona katapultiert uns Frauen mit Kindern zurück in die Fünfziger Jahre! Wir müssen da sehr aufpassen, nicht zu unbezahlten Putzfrauen und Köchinnen zu werden. Leider, das gebe ich zu, sind wir meist unbezahlte Köchinnen, Organisatorinnen, Erzieherinnen und Putzfrauen UND noch voll im Berufsleben. Was besser ist, muss jede für sich entscheiden.

Wenn das Multitasking an seine Grenzen stößt, müssen auch die Brötchen im Ofen manchmal zu lange warten.

Mein zweiter beruflicher Bereich, der der Hochzeits- und Trauerreden, ist bedingt durch die Corona-Maßnahmen fast auf Null zurück gegangen. Die Trauerreden, die immerhin noch ein wenig nachgefragt werden, biete ich zur Hälfte des üblichen Honorars ab, weil der Abschied am Grab (statt in der Trauerhalle) ja etwas eingeschränkter ist. Ich überlege jedoch, mit dem Honorar wieder hoch zu gehen, da ich gemerkt habe, dass ich die gleiche Leistung nur unter erschwerten Bedingungen anbiete. Ich fahre weiterhin zu Trauergesprächen, sie finden nur eben im Garten oder auf der Terrasse und mit Abstand und Maske statt. Ich schreibe weiterhin eine lange Rede, die das Leben des verstorbenen Menschen würdigt. Und ich rede – bei gutem Wetter – weiterhin rund 10 Minuten bei der Beerdigung, muss dabei jedoch viel mehr Kraft in meine Stimme geben, da die Trauernden ja weit weg stehen, u.U. der Wind weht und ich ohne Mikrophon rede.

Fazit: Ein Geschäftsbereich (Hochzeits- und Trauerreden) ist fast auf Null gegangen, der andere Geschäftsbereich (Buchungen als Lokaljournalistin) wie bisher bzw. leicht gestiegen. Die Bedingungen sind – vor allem, weil ich eine Frau mit Kindern bin – ungleich härter geworden. Für eine Förderungsmöglichkeit kam ich nicht in Frage (weder bei der Bundesförderung – da lag ich im März knapp über 50 Prozent meines Vorjahreseinkommens –  noch bei der Landesförderung – da habe ich zu wenig Ausgaben).

Als Hochzeitsrednerin sorgt Gabriele Gerner für eine unvergessliche Zeremonie am schönsten Tag im Leben des Brautpaares.

Insgesamt bin ich sehr dankbar, auch in diesen für viele Menschen harten Zeiten arbeiten zu dürfen und meinen Kunden und Lesern den Tag zu verschönern, indem ich sie tröste, sie informiere oder ihnen ein Podium gebe, sich mit ihren Sorgen und ihrer Motivation zu präsentieren. In meinen Berichten für verschiedene HAZ-Lokalredaktionen spreche ich mit vielen Menschen, die auf unterschiedliche Weise von den Auswirkungen des Corona-Virus Covid-19 betroffen sind. Ob Handwerker, Buchläden, Fahrschulen, Campingwagen-Anbieter… so viele sind von den Einschränkungen und Zwangsschließungen hart getroffen worden und leiden immer noch. Gestern habe ich die Inhaber eines Hotel-Restaurants bei ihren Vorbereitungen auf die Wieder-Öffnung begleitet und mir ihre Sorgen angehört. Heute habe ich die Inhaberin eines Schmuckladens und verschiedene Restaurant- und Eiscafé-Betreiber gesprochen: In den meisten Restaurants und Läden herrscht gähnende Leere. Viele wissen nicht, wie lange sie sich noch über Wasser halten können. Viele haben bis heute keinen Cent Unterstützung gesehen. Alle freuen sich über Kunden, die bereit sind, Geld auszugeben und die Betriebe vor Ort zu unterstützen. Manche erzählen mit Tränen in den Augen von Stammkunden, die jetzt Gutscheine bei ihnen kaufen, um etwas zu ihrer Liquidität beizusteuern.

Eine Bitte an alle Menschen: Verhalten Sie sich bitte respektvoll Journalisten und Journalistinnen gegenüber! Wir tun unsere Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen und zum Teil unter Einsatz unserer Gesundheit. Wir sind weder sensationslüstern noch aufrührerisch, sondern möchten informieren und jeder Meinung in der Öffentlichkeit Raum geben. Danke!

Gabriele Gerner können sie auf ihrer Webseite besuchen: Textagentur Wortschatz.